I. Die Schlichtung wird erzwungen 10 страница
II. Kampf in der Fabrik
Die schwarzen Schatten sprangen von der Höhe der Mauer in die Tiefe, das riesige, schwerbewaffnete Kriegsschiff ging in diesen schwarzen Schatten unter. Auch im Innern der Fabrik lag alles in Finsternis. Geruch von verrosteten Eisen und Chemikalien stand im Dunkeln wie von verwesenden Leichen.
Sie stießen in Trupps zu drei und fünf Mann vor.
Die Fahnen waren ihre Kompaßnadeln, zeigten ihnen den Weg - sie schwankten hocherhoben bis zum Hofplatz der Fabrik, wie Bojen auf stürmischen Wellen. "Vorsicht!"
" Macht keinen Streit untereinander!"
Die schwarzen Schatten krochen auf dem Boden oder rannten dicht an der Betonmauer hin; in der Mitte die Frauen und Kinder; sie waren darauf gefaßt, daß der Feind jeden Augenblick hervorspringen würde... Finster lag der Platz da. Der Feind ließ sich nicht sehen; er versteckte sich im Dunkeln und verriet sich durch keinen Laut. Auf dem Hofplatz sprang Geschrei auf, Fahnen wurden wild geschwenkt und zerschnitten die Finsternis.
Die schwarzen Schatten schlossen sich zu einem wirbelnden Strom, in dem es kochte und Blasen aufstiegen.
Dann aber stürmten sie, sich teilend, brüllend in die Bürogebäude der Fabrik. In einem Fenster der dritten Etage schwankte verlegen ein einsames Talglicht und irgendwo klingelte ein Telephon, als ob es zerrissen würde.
" Heraus mit dem Direktor!" schrie ein Arbeiter, der allen voran war, vor der Glastür.
Etwa fünfzehn Gesichter von Angestellten duckten sich leichenblaß auf einem Haufen hinter einem Schreibtisch und wackelten verlegen auf ihren Hälsen. "Wer hat uns entlassen?"
Von der Treppe her drohten die Schritte der Massen: "Macht die Tür auf!"
Die Glastür zersprang und über ihre Trümmer drängten die empörten Gesichter mitten ins Zimmer.
" Macht doch keine Dummheiten, der Herr Direktor ist doch nicht hier. " Einer kam bis an den Geldschrank vor und antwortete, vor Erregung zitternd. Aber gleich brüllten ihn die Arbeiter an. "Wer hat uns entlassen?"
Der Vollbart, der eben das Wort geführt hatte, entgegnete: "Der Chef der Personalabteilung, aber der ist nicht hier - nein - der ist nicht hier!"
Einige Wachskerzen stürzten vom Tisch und das Wachs floß auf den Teppich. Einer von den Angestellten schob ängstlich seine Hand an den Türgriff rechts hinter ihm. Der Mann mit dem Vollbart suchte die Angreifer zu beschwichtigen und durch Ausflüchte zu überlisten. "Lüge nicht. Du bist ja der Personalchef selber!" Aus der Menge zeigte ein Mann ohne Hut mit dem Finger auf ihn. Das Gesicht des Vollbärtigen verzerrte sich angstvoll. Der Mann, der auf ihn zeigte, war ein von ihm entlassener Arbeiter.
Der Tisch wurde umgeworfen, alle Lichter stürzten um, der Wandschirm krachte zusammen. Alles brüllte und stampfte durcheinander. Da ging die hintere Tür auf, blanke Säbel schimmerten durch das Dunkel, fünf riesige Männer, Werkfaschisten, drängten sich herein. In die zornigen Gesichter kam Bewegung, sie drängten nach rückwärts. Schritt für Schritt wichen sie vor den blanken Säbeln zurück und zwängten sich durch die zerbrochene Tür auf den Korridor. Die Finsternis schluckte die Stimmen, die Nerven spannten sich vor Erstarrung. Ein herabgefallenes Licht sengte den Teppich an, eine kleine schwelende Flamme beleuchtete das triumphierend grinsende Profil des vordersten Werkfaschisten.
" Hunde!" Aus der Masse auf dem Korridor stieß eine blanke Fahnenspitze vor - der Getroffene schrie röchelnd auf, schwankte und klappte schlaff zusammen. Wieder leuchteten die Spitzen der zusammengerollten Fahnen, sie drangen durch die Tür bis zur Mitte des Zimmers. Die schimmernden Säbel und die leuchtenden Fahnenspitzen stießen, wie magnetisch angezogen, gegeneinander. Endlich wurden die Schwerter an die Wand gedrückt.
Jetzt schleuderte ein Mann, die Gelegenheit wahrnehmend, eine Handvoll Pulver den Werkfaschisten in die Augen. Das war Tomi-tjan, der Kurier aus dem ersten Stock des grotesken Restaurants "Kanarienvogel. "
Die Angestellten und die Säbelmänner husteten und rieben sich die tränenden Augen. Sie standen widerstandslos an der Wand. Da hörte Tomi-tjan ein Geräusch, sah sich um und erschrak: in den Korridoren wurden die Massen der Arbeiter zurückgedrängt - seine überreizten Nerven vernahmen das Klappern unzähliger Säbel. Es gab keinen Ausweg!
Sie mußten ihre letzten Kräfte aufbieten. "Nicht fliehen!" Sie schlossen sich zu einem festen Menschenblock zusammen und drängten sich durch die Korridore, bis sie an den Treppen auf einen noch stärkeren Gegner stießen. "Nicht fliehen!"
" Nicht auseinanderlaufen - dicht zusammenbleiben!" Die Haufen der Uniformen, die schon bis zur achten Stufe geklettert waren, wollten in einem Atemzuge bis oben vorstoßen. Die Hand am Säbelgriff, drangen sie weiter vor.
" Wollt ihr zuschlagen?" Gleichzeitig flog das Pulver den Polizisten ins Gesicht. "Drücken! - Noch eine Stufe - nicht fliehen - drücken!" Mit ihrem ganzen Leib verteidigten sie jede einzelne Stufe und wollten sich nicht zurückziehen.
Alle Eingänge waren fest mit eisernen Türen verschlossen. Aber da die meisten Arbeiter, die jetzt die Fabrik stürmten, sonst hier arbeiteten, kannten sie alle Geheimnisse der Fabrik, in der sie ihr Leben lang nisteten. Durch Fenster, Luftlöcher und Luken schmuggelten sie sich wie der Wind - huschten in die Kesselräume, die Filteranlage, in die Hallen, wo die Papierpressen standen und die Trockenkammern.
Die Fabrik sah fremd und böse aus wie eine im Zank geschiedene Frau, und es schien, als sähe sie von ihnen fort. An den schlafenden Kesseln vorbei wanden sich die breiten und flachen Eisenrohre der Filteranlage hoch bis über den zweiten Stock hinauf.
" Hallo, komm hierher!" rief leise ein Mann aus dem Dunkeln und ergriff die Hand seines Nebenmannes. Die leise Stimme klang in den leeren Raum und die kräftigen Männer drängten vorsichtig vorwärts. Der Kleinste von ihnen schien die Führung zu haben. "Wir steigen von hier herauf", sagte der Kleine. Sein Fuß stand schon auf der eisernen Leiter. Tastend stiegen sie aufwärts, das Eisen quietschte beim Klettern. Sie kamen zur ersten Etage; dort standen große eiserne Zylinder, um die eiserne Rohrschlangen wie Adern herumliefen. Der Geruch von Chemikalien, Rohpapier und Lumpen brannte in ihren Nasen.
" Es ist erst in der zweiten Etage, wir müssen noch ein Ende klettern. " Verstohlen stiegen sie die letzten Stufen hinauf.
" Ah, wartet. " Der Kleine stockte, sein Kopf war gegen den eisernen Deckel in der Decke gestoßen.
" Was ist los, was denn?" fragte der nächste Schatten dicht unter ihm. "Zum Teufel, oben ist Wache!"
Sie schwiegen ängstlich: im Dunkeln lauerte der Gegner auf die Gelegenheit, über sie herzufallen.
" Drück nur mal, bloß keine Angst", stieß ein großer kräftiger Mann den Kleinen an die Sohlen. "Geht nicht, der Deckel ist fest. "
Die Öffnung war mit einem Scharnierdeckel versperrt. Der Kleine hörte, wie sich über ihnen, in der zweiten Etage, jemand näherte. "Steig ab, schnell es kommt jemand!" Da hielten schon die Schritte über ihren Kopf. Es war jetzt gefährlich, sich auf der Mitte der Leiter auch nur vorsichtig zu bewegen; der Kleine hing sich an die Rückseite der Leiter.
Gleichzeitig fiel das weiße Licht einer Taschenlampe von oben durch die Klappe, immer mehr, je weiter sie aufgezogen wurde. "Wer da?" fragte ein hell beschienenes Gesicht ängstlich aus dem Loch hervor. Das Licht fiel auf die Mütze des kräftigen Arbeiters. "Steig ab. sonst stoß ich dich herunter!" Er hatte eine eiserne Stange in der Hand, die Taschenlampe näherte sich dem Gesicht mit der Mütze. Im selben Augenblick stieß der Arm des kleinen Mannes vor, packte die Hand mit der Taschenlampe und zog sie mit aller Kraft nach unten.
Die Taschenlampe fiel auf den eisernen Boden der ersten Etage; es wurde dunkel. Der Wachmann, der so plötzlich den Boden unter den Füßen verlor, schlug schwer auf den Mann mit der Mütze. Beide verknäulten sich, stürzten von der Leiter und rangen unten weiter. Der Kleine sprang nach oben und stieg in die zweite Etage, in der, wie er wußte, niemand sonst war. Rasch nahm er eine eiserne Stange und drang auf sein Ziel los. Auch in der Dunkelheit wußte er genau und besser als wieviel Festkleider seine Frau hatte, wo er hinwollte: Die wichtigsten Teile der Filteranlage, deren Schlund in der dritten Etage aufgesperrt war befanden sich vor einem der Zylinder: Manometer, Geschwindigkeitszähler und die elektrischen Magnete. Das alles war mit einem Schlag leicht zu zerstören.
Er schlug die Eisenstange mit voller Kraft auf die Maschinenteile. Die kleinen Meßapparate, deren Zifferblätter im Dunkeln schimmerten, zersprangen klirrend - -.
Er hörte Schritte hinter sich, die über den eisernen Boden rannten; war es Freund oder Feind?
Aber ohne sich umzusehen, schlug er zum zweiten, zum dritten Male zu. - Der Klang zerbrechenden Metalls und Knirschen splitternden Glases scholl von den Wänden des zweihundert Quadratmeter großen Raumes wider.
" Erledigt, vollkommen erledigt?" fragte einer der Genossen, dessen Namen er nicht kannte. Der Kleine sprang von der Schmiergalerie herunter, ohne die Stange loszulassen. Jetzt erst merkten die beiden, daß draußen das Licht wieder angegangen war. Unter dem Fenster, wo sie standen, lag der Hof der Fabrik. In den Büros und in den Gebäuden rund um den Platz brannten wieder die elektrischen Lampen und beleuchteten den Kampf. Von den Haufen der Uniformen gejagt, drängten die Arbeitermassen über den Platz zurück an die Mauer. Die Fahnen waren nicht mehr zu sehen. Aber in gleicher Höhe mit ihnen, hinter den Fenstern der Büros kämpften die Massen Mann gegen Mann, man sah Fahnen und Uniformen.
" Hallo, schon Rückzug?" Kuroiva, der sich bei der Befreiung der Lehrlinge tapfer beteiligt hatte, wandte sein Gesicht vom Fenster ab. Der Kleine war ein Junge von achtzehn Jahren, er trug keinen Hut, nur eine Hose und einen schmutzigen Sweater.
Sie stiegen durch den offenen Deckel in die erste Etage hinunter, aber kaum hatte der erste seinen Fuß auf die Leiter gesetzt, als beide die vorher abgestürzten Leute mit einem Haufen Polizisten in schwerem Kampf sahen.
" Geht nicht, hier ist's gefährlich. " Der Junge sprang elastisch zurück, lief quer durch die Etage und öffnete ein Glasfenster, von dem eine doppelte Drahtseilbahn nach unten bis zum Eingang des gegenüberliegenden Lagers führte. An beiden Seilen hingen eiserne Körbe, die seit Beginn der Aussperrung nicht berührt worden waren.
" Das ist ganz ungefährlich, steig in den Korb. " Der Junge kroch in den Korb, zog an einem Seil und glitt abwärts. Kuroiva folgte ihm.
Unter sich sah er, wie die Polizisten triumphierend den Arbeitern nachdrängten.
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III. In der Falle
Die Läden der Stadt hielten ihre Türen geschlossen. Als es Mitternacht wurde, erhob sich der Wind, trug den Lärm über die Stadt und klopfte an jede Tür, von der Hauptstraße bis in die kleinste Hintergasse. Auf der finsteren Landstraße am Askaijamaberg jagten die Lastwagen, beladen mit Polizei, rasend heran. Jeden Augenblick kamen neue Polizisten. Auf dem Fabrikhof hatten sie die Massen vollkommen überwältigt. Fahnen zerrissen, Säbel zerbrachen, Polizeimützen wurden zertrampelt. Als die Massen sahen, daß die Polizisten blank zogen, schrien sie vor Empörung auf. Tomi-tjan entriß einem verhafteten Genossen die Fahne und rannte die Treppe zum Dachgarten in der dritten Etage hinauf. Der war als Erholungsplatz eingerichtet und von einem eiseren Gitter umgeben. Trotzdem an den Ecken je eine elektrische Lampe hing, fand er eine Stelle, wo er sich vor den Augen der ihn verfolgenden Polizisten verbergen konnte. Während er ein Taschentuch zerriß und sich die Fetzen um den verwundeten Arm wickelte, überlegte er schnell, wie er von hier entkommen könnte. Der Wind wehte stark über seine Haare. Von Zeit zu Zeit schwoll das Geschrei an, kroch an der Eisenbetonmauer empor und trieb vom Wind getragen durch die Luft.
Er nahm das Fahnentuch von der Stange, wickelte es unter der Jacke um den Leib und suchte, auf die Fahnenstange gestützt, nach einen Ausweg. "Halt, du Hund willst ausrücken. " Er hörte das Klirren eines Säbels dicht neben sich. Als er sich erstaunt umsah, stürzte ein Schatten aus der Tür. Es war ein verfolgter Genosse; er wollte schnell zu ihm herüber, aber es war bereits zu spät. Die zwei Gestalten stürzten sich auf den zusammengesunkenen Genossen.
" Da ist noch einer!" Eine dunkle Figur näherte sich ihm. Tomi-tjan floh auf dem engen Raum das Gitter entlang. Er machte sich zum Kampf mit dem Polizisten fertig.
Als der Polizist ihn ansprang, stieß er mit aller Kraft die Fahnenstange vor - der Uniformierte brach stöhnend zusammen.
Tomi-tjan ging Schritt für Schritt zurück und suchte einen Ausweg. Er wußte, daß sich an der Außenwand solcher Gebäude eine Feuerleiter befindet. Da erklang schon die Trillerpfeife des Polizisten, stoßweise, wie das Schluchzen eines sich in Krämpfen windenden Kindes. Tomi-tjan stieß instinktiv mit dem Fuß an den Anfang der Feuerleiter. Er kletterte abwärts, seine Sohlen rutschten; tief unter sich sah er die vielen hunderte Menschenschatten durcheinander rennen.
" Er ist auf der Leiter!" rief der Polizist seinem auf den Signalpfiff herankommenden Kollegen zu. Sie verfolgten Tomi-tjan seitwärts an der Wand hin und Tomi-tjan wanderte mit der Geschwindigkeit einer Eidechse zweimal um das ganze Gebäude. In der zweiten Etage war keiner von den Genossen mehr zu sehen. Im Herunterklettern sah er, und seine Füße wurden vor Schreck gelähmt, daß die ihm vorausgelaufenen Polizisten unten auf ihn warteten.
Er hatte längst die Fahnenstange fortgeworfen, weil sie ihn auf der schmalen Leiter behinderte. Wieder nach oben zu steigen war sinnlos, er war überall eingekreist, von allen Seiten stürzten sie auf ihn los. "Na, jetzt ist alles gleich. " Er sah bis zur Erde, es waren ungefähr neun Meter, stieg er zwei Stufen höher und sprang in den dunklen Hof hinunter - - - -
Takae rannte, ohne sich umzusehen, den Damm längs des Oji hinunter. Hier waren schon andere Genossen geflohen, aber sie waren bald auseinandergekommen, auch Oja, die eine Strecke lang neben ihr her lief, war schon zurückgeblieben. Ein drückender Dunst kam aus der Tiefe der unter ihr schimmernden Wasserfläche herauf. Heftiger Schmerz brannte in ihrer nackten Ferse. Je weiter sie sich von der Gefahrenzone entfernte, desto größer wurden die Schmerzen. Bald wüteten sie so rasend in all ihren Nerven, daß sie nicht mehr imstande war, sich zu bewegen. Sie kroch in den Schatten des Dammes.
Sie hatte sich Glasscherben in die Ferse getreten. Als sie die Splitter herauszog, zuckte ein neuer Schmerz durch ihren ganzen Leib. "Hallo!" schrie ein Schatten, der etwas hinter ihr den Damm hinaufrannte. Vor Schreck vergaß sie einen Augenblick ihren Schmerz. Sie drückte sich in den Busch und starrte in die Dunkelheit. Als der Schatten an ihr vorüberrannte, schrie sie vor Freude laut auf: "He-tjan, du bist es."
Der Angerufene stoppte und kam zu ihr heran. "Taka-tjan!"
Der Schatten war He-so Hisachita, der Lehrling. "Ach, ich dachte schon, du bist auch verhaftet. " Der Junge kam vom Damm herunter und faßte ihre Hand; er keuchte vom schnellen Lauf.
" Du, die Genossin Oja und Kijose sind eben festgenommen worden. " Am Himmel flogen die Sterne wie Flecken auf einem alten Film vorbei. Der Wind trug den Lärm aus der etwa einen halben Kilometer entfernten Fabrik bis zu ihnen herüber. Sie verband die Ferse mit ihrem Taschentuch und stützte sich auf Hisachitas Schulter.
" Was mach' ich damit?" Takae streckte dem Jungen ein schwarzes verknautschtes Ding hin, das sie in der Hand hielt.
" Was hast du da?" In der Dunkelheit erkannte er eine Kokarde. Es war eine Polizeimütze.
Unter ihnen schäumte in weißen Streifen der Fluß an die Ufer.
" Na, du wenigstens sollst Wasser schlucken!"
Wie eine Fledermaus überschlug sich der Lumpen und klatschte ins Wasser.
Laßt die Fahne nicht rauben!
Zwei Gestalten hielten im vollen Lauf schützend die Fahne. Es waren Morohachi, der Gruppenleiter und Kamei, die vom Wege abgekommen waren. Mitten im Lauf merkten sie plötzlich, daß sie gerade dorthin liefen, wo die meisten Feinde waren.
" Warte", flüsterte Kamei. Zu ihrer Rechten floß ein reißender, etwa vier Meter breiter Fluß. "Sicher ist das ein Nebenfluß des Ojikawa. "
Morohachi wandte sich im Laufen nach dem schäumenden Wasser. Sie rannten über die Brücke; der Lichtschein über der Stadt schien den richtigen Weg zu zeigen.
" He!" Morohachi hielt plötzlich und stieß nach Kamei mit der Fahnenstange, daß der fast gestürzt wäre.
" Was denn?" Aufblickend sah Kamei vier oder fünf Polizisten, die in etwa zwanzig Meter Entfernung ihnen entgegen kamen, sie waren an den funkelnden Säbeln genau zu erkennen.
Beide rannten bis zur Brücke zurück. Gerade wollten sie sich in einer kleinen Gasse verstecken, als Kamei plötzlich erschrocken aufschrie. Ein Kriminal sprang aus der Gasse heraus, packte Kamei und versuchte ihm den Arm auszudrehen. "Hunde!"
Ohne die Polizisten auf den Fersen wären sie leicht entkommen, so war es schon zu spät. Vielleicht konnte Kamei entwischen, aber mindestens einer wurde doch gefaßt.
" Hallo, hierher", schrie der Kriminal, der neuen Mut faßte, als er die Schritte auf der Brücke hörte.
Kamei nahm die Fahne und verließ den Genossen. Die Müdigkeit und der Schmerz von dem eben erhaltenen Schlag lasteten wie eine Mauer auf seinem Rücken.
Als er die Hand des Polizisten auf seiner Schulter spürte, sprang er, die Fahne im Arm, in das rasende Wasser--------
Wie vom Wind fortgewehtes Papier flogen die Massen aus den Gassen heraus flohen durch die Hauptstraße und zerstreuten sich in alle Winkel der Vorstadt Oji. Auf dem Platz vor der Fabrik fuhren die Polizeiautos hin und her. Der Polizeileutnant hetzte mit heiserer Stimme seine Leute herum.
In einem Cafe, das in der ersten Etage eines Hauses am Platz lag -es war natürlich wie alle anderen Läden geschlossen - öffneten zwei zitternde Kellnerinnen ein wenig die Tür und glotzten auf die grausigen Vorgänge dort unten. Deshalb bemerkten sie beide nicht, wie durch eine andere Tür leise ein Gast in den ersten Stock kam, sich ohne Hast an einen Tisch hinter ihnen setzte, seinen Hut aus dem Gesicht schob und den Mantelkragen herunterschlug. "Hallo, bitte ich möchte etwas essen." Die jungen Kellnerinnen kreischten erschrocken auf. "Geben Sie mir, was Sie gerade haben. "
Der Gast schien ganz ruhig, er hatte seinen Hut aufbehalten, nahm eine Zigarette aus der Tasche und steckte sie mit der linken Hand in den Mund.
" Na, paß doch auf, gib mir Feuer."
Die Kellnerin schreckte auf, aber durch sein gutmütiges Lächeln beruhigt, reichte sie ihm ein brennendes Streichholz.
Dieser Gast schien Bescheid zu wissen, was für Geschäfte die Mädchen in diesem Hause machten; er lächelte der älteren zu und zwinkerte mit den Augen. Die Kellnerin zog ihre fettig glänzende Stirn kraus und sah den Gast unsicher an. "Das ist aber eine Unruhe heute!"
Ehe sie den Satz beenden konnte, nahm er ihre Hand und rückte zur Seite.
" Also bring' mir Wein. "
Die verschmähte Kellnerin ging schlechtgelaunt das Gewünschte zu holen Der Gast plauderte oberflächlich und trank den Wein, der ihm gar nicht schmeckte. Dazwischen beobachtete er scharf und genau durch einen Spalt zwischen den Vorhängen die Vorgänge unten auf dem Platz. Als die Kellnerin einen Augenblick auf die Toilette ging, nahm der Gast Handschuhe aus der Tasche und zog sie sich über die Hände. An seinem Daumen und am Handgelenk klebte Blut. Der Gast war Nakai.
" Sag mal, habt ihr Telephon?" fragte er wie nebenher, als sie zurückkam. Die Frau zeigte auf das Telephon in der Ecke des Zimmers. Er ging an den Apparat und telephonierte mit Watamasa, der in der ersten Etage des Restaurants Kanarienvogel auf seinen Anruf wartete. Nachdem er fünf Minuten gesprochen hatte, hängte er den Hörer an und sagte wie ganz betrunken zu der Kellnerin: "Alles erledigt; gehen wir schlafen."
Die Frau staunte über die Unverblümtheit des Gastes und entgegnete: "Hier ist doch kein Gasthof!"
Nakai vertrug nicht viel Wein, er stieg ihm gleich in den Kopf, aber er wurde doch nicht betrunken. Watamasa hatte ihn am Telephon, nachdem sie einige Worte gewechselt hatten, gewarnt, er solle vorsichtig sein.
Jetzt hatte er Frauen und Cafe nicht mehr nötig, außerdem hatte er gegessen.
" Also, dann nicht. " Er warf seinen Geldbeutel der Frau hin und stieg die Treppe hinunter. Ruhig wie nach einem Sturm ging Nakai, einen Zahnstocher zwischen den Zähnen und leicht schwankend zur Straßenbahn.
Дата добавления: 2018-02-15; просмотров: 763; Мы поможем в написании вашей работы! |
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