Text 1. Begegnung mit der Kunst



Lesen Sie den Text „Begegnung mit der Kunst“. Finden Sie Sätze, die die Hauptgedanken des Textes ausdrücken.

Was ist Kunst? Man sollte meinen, die Künstler wüssten dies am besten. Es gibt aber fast so viele Erklärungen des Begriffs „Kunst“ wie Künstler. Die Auskünfte, die wir erhalten, sind von vielen Faktoren abhängig, in erster Linie, von dem Millieu, in dem der Künstler aufgewachsen ist, von seinem persönlichen Schicksal, seinen Lebenserfahrungen, seiner Erkenntnisfähigkeit und nicht zuletzt vom Geschmack der Zeit.

 

So schrieb der Maler und Zeichner Ludwig Richter (1803 – 1884): „Was ist der Endzweck der Kunst? Zu rühren, die Seele des Beschauers in einen angenehmen Zustand zu erheben.“

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Andere Künstler behaupten, das Kunstwerk sei eine zweckfreie Schöpfung und als solche fern aller gesellschaftlichen Bedeutsamkeit. Der Franzose Henri Matisse [α:ˊri: maˊtis] (1869 - 1954) hat diesen Standpunkt so dargelegt: “In einem Bild darf nichts vorhanden sein, was in Worten beschrieben werden kann oder was bereits in unserem Gedächtnis existiert. Ein Bild ist ein eigener Organismus, oder es ist nichts. Wenn ich ein Bild sehe, vergesse ich, was es darstellt; wichtig sind nur Linien, Formen und Farben.“

 

Zu allen Zeiten wirkten jedoch Künstler, die solche Meinungen hinsichtlich der Kunst widerlegten. So schrieb der französische Maler Gustave Coubert [gyˊsta:v kurˊbe] (1819 – 1877), Mitglied der Pariser Kommune: „Imstande sein, die 

Sitten, die Ideen, das Aussehen meiner Epoche nach meiner Auffassung zu schildern, nicht nur Maler, sondern auch Mensch zu sein, mit einem Worte, lebendige Kunst zu machen, das ist mein Ziel.“

 

Kunst und Leben kommen hier einander näher. Der Künstler sieht seine Aufgabe in der Gestaltung der Wirklichkeit, und diese Gestaltung verfolgt den Zweck, die Wirklichkeit sowohl zu erklären (nicht zufällig redet man von der Sprache der Kunst), als auch zu verändern. Der Kunst wird also gesellschaftliche Bedeutung beigemessen. Sie lehrt mit neuen Augen sehen, bringt den begrenzten Erfahrungsbereich des einzelnen in Zusammenhang mit der Gesellschaft und beschleunigt so die Entwicklung des Bewusstseins.

 

Das gesellschaftliche Leben bewusst und die bewusste Teilnahme an ihm zum Bedürfnis zu machen, war zu allen Zeiten die äußerst wichtige Funktion der Kunst. Deshalb konnte keine Gesellschaftsordnung und keine soziale Bewegung darauf verzichten, sich und ihre Ideale und Ziele durch die Kunst verkörpern zu lassen. Der gesellschaftliche Auftrag war stets näher bestimmt, die Künstler wussten sehr genau, was von ihnen erwartet wurde.

 

Die kapitalistische Gesellschaft entließ den Künstler in die „Freiheit“, zu tun, was von ihr gebraucht wird, oder in Elend zu leben. So wuchsen in den humanistisch gesinnten, volksverbundenen Künstlern Kritiker ihrer Ordnung und Ankläger ihrer Herrschaft heran. Hier trennte sich sehr deutlich der „Auftrag“ der herrschenden Klasse an die Kunst von dem, was diese sich selbst zur Aufgabe stellte. Dieser Umstand ließ im spätbürgerlichen Denken die Illusion einer nicht-gesellschaftliche, zweckfreien Kunst auftauchen, der Kunst um der Kunst willen. In jener Periode gewöhnte man sich an den Zustand, dass auf der einen Seite eine leere, tendenziöse Auftragskunst, auf der anderen Seite aber eine erschreckende und skandalmachende Kunst, die „eigentliche“ Kunst existierten.

 

Die „eigentliche“ Kunst konnte die Situation des Menschen in der Gesellschaft ja nur als Verfall, als ein Leiden an ihren Übeln, an der Ausbeutung und Ungerechtigkeit, an Hässlichkeit ihres Lebens erklären. Eine Kunst aber, die nur verneint, und das Negative zur Schau stellt, läuft Gefahr, dem Grausamen und Unmenschlichen als Berechtigung zu dienen.

 

Die Kunst gehört stets zu unserem Leben, sie hilft uns neue Seiten unseres Daseins entdecken. Wir schaden uns, wenn wir der Kunst ausweichen. Das Leben wird reicher, vielfältiger, wissender, wenn in ihm das Kunstwerk seinen Platz einnimmt. Die Kunst lässt den Menschen an Ereignissen, Schicksalen, Konflikten und Problemen teilnehmen, die ihm sonst verschlossen geblieben wären, und ergänzt die Erfahrungen, die er selbst sammelt, durch die umfassenden Erfahrungen der Gesellschaft. Die Kunst schenkt dem, der ihr begegnet, den ganzen Reichtum der Welt. Und sie verlangt dafür nur offene Augen und einen offenen Sinn.

 

(nach dem Text „Begegnung mit der Kunst“, A.A. Popov, N.D. Dianova, N.S. Obnossov/ Praktisches Deutsch für Hochschüler. IV. Studienjahr., M., 1980, S. 115, bearbeitet)

 

Arbeit am Text

 

Aufgabe 1. Formulieren Sie die Hauptgedanken des Textes. Sind Sie mit allem, was im Text steht, einverstanden? Begründen Sie Ihre Meinung.

 

Aufgabe 2. Recherchieren Sie im Internet zum Thema „Was ist Kunst“. Gibt es andere/weitere Meinungen zu dieser Frage? Fassen Sie diese Meinungen zusammen.

 

Aufgabe 3. Formulieren Sie Ihre eigene Meinung über den Begriff „Kunst“ und begründen Sie diese Meinung.

Arbeit am Wortschatz

1. Lernen Sie die Bedeutungen der Substantive:

der Fall - случай, происшествие,

der Vorfall - случай, инцидент,

der Zwischenfall - случай, инцидент, происшествие,

der Zufall - случай, случайность.

Diese Substantive bedeuten ein Geschehen, eine Angelegenheit, einen Umstand.

Ähnliches: Diese Substantive können ähnlich gebraucht werden, wenn ein Geschehen als solches ohne nähere Charakteristik gemeint wird: über diesen der Fall, Vorfall, Zwischenfall, Zufall haben alle Zeitungen berichtet.

Verschiedenes:

der Fall bedeutet: 

1. einen möglicherweise oder beispielsweise auftretenden Sachverhalt: ein hoffnungsloser, möglicher, merkwürdiger, trauriger Fall.

2. einen Umstand: in diesem, solchem Fall, auf alle Fälle, auf jeden Fall, auf keinen Fall.

3. eine Straftat, einen Tatbestand: der Fall Meyer.

 

der Vorfall bedeutet eine plötzliche (unangenehme) Begebenheit, ein Ereignis, Geschehnis, eine Affäre: ein eigenartiger, rätselhafter, seltsamer Vorfall.

 

der Zwischenfall bedeutet ein Ereignis, das (störend) zwischen etwas tritt, das den Fortgang eines Geschehens, einer Handlung beeinflusst, oft behindert: ein peinlicher, unangenehmer, unerwarteter Zwischenfall.

 

der Zufall bedeutet ein überraschendes Ereignis, ein unvorhergesehenes Zusammentreffen von Vorgängen: ein großer, reiner, bloßer, merkwürdiger, unglücklicher, seltener Zufall.

1. Setzen Sie das passende Substantiv ein: der Fall, der Zwischenfall, der Vorfall oder der Zufall?

1.Du hast begonnen, mir über die Geschichte mit Herrn Hagen zu erzählen.Was war da für ein … ? 2. Frau Meyer ist jetzt in München. Das habe ich durch … erfahren. 3. Erzähle mir bitte über diesen äußerst interessanten …. 4. Auf jeden … kommen wir vorbei! 5. Ich kenne viele verschiedene …, wo es möglich war. 6. Alles verlief ohne …. 7. Das dürfen wir dem … nicht überlassen. 8. Dieser seltsame … erregte allgemeine Aufmerksamkeit. 9. Bei der Aufführung hat sich ein peinlicher … abgespielt. 10. Es ist kein …, dass sie die Prüfung glänzend bestanden hat.


Дата добавления: 2018-09-22; просмотров: 357; Мы поможем в написании вашей работы!

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