Номинация «Место проживания. Шванк»



Артур Иордан (Artur Jordan)

AN DER WOLGA GABS KRAUT!

 

Siebzig war er. Und endlich wurde Konrad Büchner Rentner. In seinem Dorf auch in Rayon war er der beste Kombineführer. Seinen Mähdrescher konnte er besser, als seine zehn Finger. Auf den alten Mechanisator konnte man sicher bauen: sein Mähdrescher arbeitete wie die Nähmaschine Singer seiner Frau.

Rentner war der Alte doch kaum zwei Monate und da kam er plötzlich zum Vorsitzenden der Kolchoses:

- Mensch, sucht mir mool ee Gescheft! Ich kans im Haus net aushale. Tie Wende trike mich sogar... Tie Alt kan tes jo net aushalde un wirt unzufriede, ewr ich mus ins Fraie!

Kurz gesagt, man schlug ihm eine gute Sache vor: Büchner und zwei Rentner sollen eine Gruppe der Volkskontrolle bild-en. Die Gruppe bekam sogar ein altes UAS-Auto und konnte da am Morgen bis zum Abend von einem Feld zum anderen kommen. Nicht ohne Nutzen: hier und da fand die Gruppe Unordnung. Manchmal knurrten die Mechanisatoren, aber die Alten gaben nicht nach - jede gute Arbeit muss perfekt getan werden. Eine echte Arbeit ist kein Spiel...

Eines Tages kam der Leiter der Gruppe zum Gemüsefeld, wo die Weiber das Kraut wegmachten. Er stand da eine Zeit und fragte dann endlich einen Jungen, der an ihm vorbeieilte:

- He, mai Puwe, wos mecht ten ihr to?

 

- Wie wos? Mir lade tes Kraut uf.

- Na un, meenste tes is wool Kraut?! Pai uns an dr Wolga - wot tes war Kraut!

- Wie an dr Wolga? Hot ihr tort’ne anre Sort?

- Ne, to hot mr vier - finf Kepjer ufn Loode gbrocht un to war’r voll! Un tes to is kee Kraut. Tes sin jo Pelljer zum Katzenspiel!..

Nach drei Tage haben sich beide vor dem Kolchosvorst and getroffen. Ganz froh begrüsste der Junge den Alten und sagte:

- Wissen Sie, mai Tade is ooch vun dr Wolga!

- Is tai Vadr net dr Schrainers Hannes? Ja... S stimmt! Un wost meenst to tomit?

- Ich hun ten Tade gfrocht, wie tie Lait to an dr Wolga tes krouse Kraut aigemacht hode? Wos fier Feser war’ n tes?..

- Un wos seet tai Vadr?

- Er soot mir: ee, mai Jung, tie Feser ware so grouss, to henn tie Klempner triwesaits am Fass tie Reiwe geklopt. un hiwe hot mr’ s kaar net gheert...

Feddr Kunrot klopfte mit einem feinen Lächeln den Jungen auf die Schulter und murmelte zufrieden:

- Ja, ja, Junge, so war's an dr Wolga! Tai Tade hotdr'srecht gsoot.

 

LJARNT MICH NET RUSCH!

 

Zwetnopolje ist ein Dorf im Süden Sibiriens wie viele anderen. Hier wird tüchtig geschafft, man geht gern zu Gast, man liebt hier alte and moderne Lieder, man tanzt auch gern. Spitznamen werden oft gern verteilt, man versteht auch einen guten Witz. Im Dorf meint man, wer Humor hat, der kann auch gut arbeiten, kommt auch besser durch das Leben.

Auch heute taucht in Zwetnopolje noch ein Alter Witz auf. Man schrieb 1956. Nach Stalins Tod wehten über das Land anderen Winde. Unsere Deutschen atmeten nach Hoffnung. Allmählich fanden sich Verwandten aus vielen fernen Gebiet-en Sibiriens, Kasachstans, Kirgisiens. Sogar aus Tadschikistan kamen Briefe nach Zwetnopolje. Man freute sich, es gab auch viele Tränen: wie hart hatten es die Leute... Man hatte beim Lesen dieser Briefe gern vergessen, dass nach der Deportation hier in Sibirien auch keine gebratene Tauben vom Himmel fielen... Es war wirklich eine harte Zeit.

Plötzlich brachte die Briefträgerin einen Brief an die Familie Wiediger (der Name ist geändert - A.J.)- Mit grösster Fr-eude wurde der Brief gelesen, aus diesem bekannt wurde - in einem fernen Städtchen Kasachstans leben die Verwandten. Die älteste Tochter Elfrieda Wiediger wollte die Verwandten besuchen... Die Situation wurde in der Familie heftig bespr-ochen. Es gab auch eine bestimmte Geldnot. Der Vater - ein sehr strenger Mann - hatte viel Bitteres in der Trudarmee er-lebt und kannte das Leben besser, als die 20-Jährige Tochter. Er warnte ihr, sie soll sich die Dummheiten aus dem Kopf

werfen, die Fahrt ist kein Spiel: sie kann unterwegs beraubt werden oder sogar um das Leben kommen... Die Tochter liel! aber nicht nach, sie wollte gern ein Stückchen des Landessehen! Wann gibt es noch solch eine Möglichkeit...

Den Familiestreit lassen wir ruhig der Geschichte. End­lich fuhr das Mädel ab: die Mutter weinte, der Vater hatte bald Schwefel gespuckt... Nach sieben Tage kam aus dem fernen Städtchen ein Telegramm: glücklich angekommen küssesie Elfrieda. Russisch lautete der Text so: «Доехала благополучно целую Эльфрида»Den Text las man dem Vater vor, sogar dreimal. Endlich sagte er giftig:

- Hot’s re toch gsoot, tjare Flint! Un jezt schraibt sie-tojechala plochopolutschne. Ich wustsjo, un to is’s ooch...

Man wollte die Sache und seine Meinung bessern: essei nicht schlimm, und bedeutet einfach gut. Aber der Vater blieb Feuer und Flamme:

- Wos, ihr wollt mich wool Rusch lerne?! Pljocho - tes is schlecht! Tie Zuss soil mr toch zurickkomme, tjare zihe ich tie Haut op!..

Seitdessen haben die Leute in Zwetnopolje (wie die Ge­schichte nur unter die Leute kam?) ihren Wortschatz bereichert. Oft wurden hier nicht nur плохополучно verwendet. aber noch viele anderen Wörter mit der Vorsilbe ruoxo: плоховерный муж, (плоховерная жена), плохолепие, плохозвучие, плоховоние und so weiter. Es versteht sich, dass diese Wörter mit einem leichten Akzent ausgesprocben wurden.

 

Die Tjolka is kee Kalp

 

Man schrieb 1956, die Kommandanturen wurden annulliert und man begann die Verwandte, Bekannten und einfach Nachbarn zu suchen. Ringsum wurde gesucht - in Sibirien und Kasachstan. Zu uns kam eine Bekannte zu den Eltern

- hier im Rajon Asowo sollten ihre Verwandten leben. Sie wollte sich bei uns zwei-drei Stunde aufhalten. Man lud die Frau zum Mittagessen ein. Das Essen war ja nicht reich, von „Sprizgebakenes" war die Rede nicht. Auf dem Lande lebte man noch ziemlich arm, so auch im ganzen Land.

Endlich legte die Frau den Löffel zur Seite und sagte: „Na, 'n krouse Spasiwe foor 's Mitagese - ich hun mich soo sotgese!". Da meinte mein Vater ganz ernst: „Es nar, es! Bzohle must tes’ toch". Eine Minute war es hinter dem Tisch still, dann die Mutter: „Dr Heinrich is schon zimlich alt, ewr sai Knif hot dr imr noch net vrgese. Tes hodr zum Spas gsoot".

Von den Erinnerungen an den Leben an der Wolga zum Alltag. Da sie aus Tjumenj kam, wollte sie uns doch wohl bewundern: „Zu dr Wainacht hode mr paim Tochtrsmann so 'n Tjolka ufgestellt", erzählte sie ganz strahlend. Der Vater gleich darauf: „Wie, tes Stik Viee hot ihr so wait gprocht, tosdr tes ufstele musst?" „Na nee toch, Pedr Heinrich, tes war 'n Tanepaum!" Wieder der Vater: „So heste ooch gsoot!"

Uber diese „Tjolka" wurde in Kreis unserer Familie oft gern gelacht.

Die Kuh raucht nicht

 

Der Kommandant Major Bolmann in Zwetnopolje war viel menschlicher als sein Stellvertreter, Oberleunant Maxim D. - für die Wolgadeutschen hatte er kaum ein freundliches Wort. Ein leidenschaftlicher Raucher war dieser Oberleutnant, er pflanzte sogar Tabak - auf dem Lande nach dem Krieg war es eine Gewohnheit. In der Nachbarschaft des NKWD-Offiziers lebte eine Wolgadeutsche mit ihrer Tochter. Eines Tages ging Maxim ins Gartchen und was sah er da... Sein Tabakbeet wurde von einer Kuh zertreten. Aufgeregt kam er zu der Alten: „Grossmutter Amalija, hat mir diese Schande ihre Kuh gemacht?"

Die Alte verstand ja etwas Russisch, aber das Sprechen fiel ihr schwer. Sie faste Mut und sagte: „Net, Maxim! Male Karowa rapotai (melkte), otin Karowa tui na Tabak - to geest rem, to geest raus... Dr Tabak is propal..."

Schweigend ging Maxim weg.

 

Dust und Fliegen

 

Muss sagen, dass es in meiner Kindheit schrecklich viele Fliegen gab, dochwohl kamen sie aus Amerika zu uns. Man konnte kaum den Mund öffnen, in der Küche summte es den ganzen Tag. Um sie zu bekämpfen und beruhigen gab es ein Wundermittel - den Dust. Ringsum wurde er gebraucht, auch wenn jemand Läuse bekam, besonders die Kinder: man streute etwas Pulver auf den Kopf, verschmierte die Dose und... alles, Babka! Der Kopf wurde sauber, obwohl er zwei - dreimal gewaschen wurde. Den Gestank musste man doch vernichtet werden.

Im Fliegenkampf gab es eine andere Methode: man nahm ein Bügeleisen, streute von dem Gefrous (so die Hussenbacher) auf die Glut, machte den Deckel zu - der wilde Dunst machte alles gut. Kaum hatten wir bei uns die Fliegen so „eingepudert", da kamen drei Weiber aus dem Nachbardörfchen zu meiner Mutter zu Gast. Sie hockten auf den Bänkchen vor dem Aufgang und besprachen das radikale Volksmittel: bei ihnen sei es gerade auch so. Eine Frau sagte plötzlich: „Wenn ich ja wiste, wjar ten Tust un tes Waschhaus ausgdocht het, tem teet ich "n Kuss kewe!"

Kurz und etwas heimlich schaute ich mir die Frau an: der Mund fast ohne Zähne, das Gesicht durchfürchten Runzel, die ausgetrockene Finger waren Krallen ähnlich... Sogar keine Mona Lisa war sie. Innen musste ich auflachen: „Wer will den von dir, alte Pfefferdose, jetzt noch einen Kuss..."

Das Dust der Gesundheit sehr schadlich war, daran wurde in den 50-er Jahren noch nicht gedacht. Die Fliegen zu vernichten war wichtiger.

 

Mein Schwank von heute

Obkom und Raikom von Drüben

Vetter Jorg hatte sich mal da ein Fläschchen verheimlicht, wo die eingemachten Gurken standen, wusste er ganz genau. Die Gläschen in seinem Werktisch draußen standen auch greifbar…

Die Sonne stand am Himmel nicht besonders hoch, es war schon warm, aber nicht heiß. Innen fühlte der 60-Jährige Jorg, dass ringsum was fehlte…

Ganz schön passte zu dieser Situation Jorgs Freund, der plötzlich an der Schwelle erschien. In der Sommerküche wurde es sofort leichter. Sogar die Luft der Küche wurde spürbar duftiger. Nach gemeinsamer Begrüßung begann sofort ein Gespräch:

- Wie weer es, Karl, wenn mr to so ee Kleeßje von tem helle Hobewassr umstilbe?

- Nur Gedult, Jorch, ich hun to erst so ´ne Frouch. Tie kweelt mich schun zeen Tooch. In Amerika un in Englant sinn wool tie Kommuniste zur Rechierung gkomme?...

Karl hatte so ein fragendes Gesicht, sogar seine Augen waren Neugier voll. Jorg reiste seine Augen auf und fragte seinen Nachbar: Mensch, was ist to mit dir, pist wool krank? Hast dr Kopf angefrore, oder hoste mit ihm im Khielschrank gschloowe?

- Kaa tume Rede! Ich heer to efters vum Waschingtons Obkom, tann vun tene Raikome in Englant. Tie Obkome un tie Raikome hode mir toch pai uns in tene kommunistische Zaide. Torum frouch ich. Pai tene Lait koups wool aach ine Rewoluzion?

- O-o, Mensch! Tas sin faine Sache mit viel Trek un Gift trinn. Tu solst tr tein Kopf kar net preche. Sin tie Lait bai uns womit unzufriede un gee to dr pai noch uf tie Strooß un mache so ’n Lerm – un to heest es – von jener Sait sin tie Sache bzoolt wore. Dr Obkom aus Waschington wollt tes so, tes is nich ’ne echte Taktik: ainiche Lait macht mr to Schult, un tie andere hezt man uf tie Unzufriedene, un dr Zornprai is gkocht! Kukt mol, Lait – tie hun sich tem Auslant vrkaaft!

- Jorch, ’n helle Kopf host tu, kann ich dr gstee. Un to willst tu soche…

- Na gewiss toch, Karl! Wenn to pai uns wos net richtich geet, un to kept mr tie Schulde tem Obkom aus Amerika odr tem Raikom. To sin tann tie Mensche so wie kliklich – von owe pis une. Pei uns war’s noch immr so, in ten aichene Pusem soll mr net raikuke. Bai uns is toch niemant an wos schult, bsonders tie krouse Lait von owe. Tie hade toch von frier niks to vor tie Lait une…

Karl schüttelt eine kurze Zeit sein Kopf und sagte: Wircklich ’ne Drecksache… Un tu wolst mit mir so ’n Schluck nunerschlirwe, wool net?!

 


Дата добавления: 2019-02-22; просмотров: 265; Мы поможем в написании вашей работы!

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