Knarren eines geknickten Astes



Splittrig geknickter Ast,
Hangend schon Jahr um Jahr,
Trocken knarrt er im Wind sein Lied,
Ohne Laub, ohne Rinde,
Kahl, fahl, zu langen Lebens,
Zu langen Sterbens müd.
Hart klingt und zäh sein Gesang,
Klingt trotzig, klingt heimlich bang
Noch einen Sommer,
Noch einen Winter lang.

Komm mit!

Komm mit!
Mußt dich aber eilen -
Sieben lange Meilen
Mach ich mit jedem Schritt.
Hinter Wald und Hügel
Steht mein rotes Roß.
Komm mit! Ich fasse die Zügel -
Komm mit in mein rotes Schloß.
Dort wachsen blaue Bäume
Mit goldenen Äpfeln dran,
Dort träumen wir silberne Träume,
Die kein Mensch sonst träumen kann.
Dort schlummern seltne Genüsse,
Die noch kein Mensch genoß,
Unter Lorbeern purpurne Küsse -
- Komm mit über Wald und Hügel!
Halt fest! Ich fasse die Zügel,
Und zitternd entführt dich mein rotes Roß.

Kopflos

Man nehm den Deckel nur vom Topfe
Und sieh, wie froh der Dampf entweicht!
Wie lebt nach abgeschnittnem Kopfe
Das schwere Leben sich so leicht!
Kein Schnupfen mehr, kein Nasentropfen,
ein Zahnweh und kein Augenbrand
Noch Stirnkatarrh noch Schläfenklopfen,
Es ist wie im Schlaraffenland.
Zwar gibt es ohne Kopf kein Denken,
Doch ist es darum nicht so schad,
Man kann mit Wein die Kehle tränken,
Es ist das beste Gurgelbad.
Und ach, wie lebt es sich so stille:
Kein Wort, kein Lärm, kein grelles Licht!
Und nie mehr sucht man seine Brille
Und nie mehr macht man ein Gedicht.

Kopfschütteln

Wär ich einsam und Asket geblieben,
Statt in diese bunte Welt zu tauchen,
Mich noch einmal brennend zu verlieben,
Mich noch einmal lodernd zu verbrauchen!
Traurig seh ich ein, ich alter Knabe:
Dieses Tun ist lächerlich und nichtig,
Das ich viel zu spät begonnen habe,
Nicht einmal den Onestep kann ich richtig!
Aber da ich nun einmal begonnen,
Mich ins warme Schlammbad einzuwühlen,
Hat dies Leben ganz mich eingesponnen,
Läßt sich nicht mehr dämmen und kühlen.
Immer weiter tanz ich, fall ich, sink ich,
Spiel und Trunk und Wollust hingegeben,
Täglich mehr verkomm ich und ertrink ich
In dem angenehmen Luderleben.

Kranckheit

I

Ich hab dir Märchen oft erzählt
Von meiner fremden Dichterwelt,
Nun führ mich du an deiner warmen Hand,
Den Flügelmüden, durch mein eignes Land!

Führ mich in meinen tiefen Wald,
Wo Wunderwesen mannigfalt
Lebendig wandeln mit bekränztem Haupt, -
Die Götter alle, die ich einst geglaubt!

Führ mich zu jenen Hügeln hin,
Wo schweigsam die Zypressen knien,
Dort liegen tief und lauschen auf den Wind
Die Freunde, die mir treu gewesen sind.

Führ mich in jener Gärten Grün,
Wo dunkle Wunderbäume blühn
Und über Grün und Wunderblüten schaut
Das Liebesschloß, das ich für dich erbaut.

In roten Lichtern heimlich glimmt
Die Krone, die ich dir bestimmt.
Wenn noch dein Herz an meine Allmacht glaubt,
Dann schmücke mit dem schweren Gold dein Haupt!

Dann hebt mein Leben neuen Lauf,
Die treuen Toten stehen auf
Und meiner Freudegötter schöne Schar,
Und ich darf sein, der ich vor Zeiten war.

II

Nun ist der Tag zu Ende.
Leg mir die lieben Hände
Auf Stirn und Haar
Und singe mir! und wende
Von mir der Träume laute Schar!

Ich fürcht mich vor den langen,
Verschwiegenen, träumebangen
Stunden der Nacht,
Wenn du bist schlafen gangen
Und nur mein weher Herzschlag wacht.

Dann geht auf dunklen Wegen
Mein Herz mit harten Schlägen
Der bangen Nacht,
Der bangen Nacht entgegen,
Die meine Lieder stille macht.

Dann kommt mit leisen Schritten
Und zagen Kinderbitten
Mein Glück zu mir,
Und sieht, was ich gelitten,
Und sagt: mein Freund, was ward aus dir?

Dann kommen die versäumten
Tage und die verschäumten
Becher zu mir,
Und alle ungeträumten
Glücksträume schlank und mädchenzier.

Leg mir die lieben Hände
Auf Stirn und Haar, und wende
Die Holden ab.
Mein Tag ist nun zu Ende,
Ich weiß, was ich verloren hab!

Leben einer Blume

Aus grünem Blattkreis kinderhaft beklommen
blickt sie um sich und wagt es kaum zu schauen,
fühlt sich von Wogen Lichtes aufgenommen,
spürt Tag und Sommer unbegreiflich blauen.

Es wirbt um sie das Licht, der Wind, der Falter,
im ersten Lächeln öffnet sie dem Leben
ihr banges Herz und lernt, sich hinzugeben
der Träumefolge kurzer Lebensalter.
Jetzt lacht sie voll, und ihre Farben brennen,
an den Gefäßen schwillt der goldne Staub,
sie lernt den Brand des schwülen Mittags kennen
und neigt am Abend sich erschöpft ins Laub.

Es gleicht ihr Rand dem reifen Frauenmunde,
um dessen Linien Altersahnung zittert;
heiß blüht ihr Lachen auf, an dessen Grunde
schon Sättingung und bittre Neige wittert.
Nun schrumpfen auch, nun fasern sich und hangen
die Blättchen müde überm Samenschoße.
Die Farben bleichen geisterhaft: das große
Geheimnis hält die Sterbende umfangen.

Leb wohl, Frau Welt

Es liegt die Welt in Scherben,
Einst liebten wir sie sehr,
Nun hat für uns das Sterben
Nicht viele Schrecken mehr.

Man soll die Welt nicht schmähen,
Sie ist so bunt und wild,
Uralte Zauber wehen
Noch immer um ihr Bild.

Wir wollen dankbar scheiden
Aus ihrem grossen Spiel;
Sie gab uns Lust und Leiden,
Sie gab uns Liebe viel,

Leb wohl, Frau Welt, und schmücke
Dich wieder jung und glatt,
Wir sind von deinem Glücke
Und deinem Jammer satt.

Leise wie die Gondeln

Leise wie die Gondeln auf den klaren
Morgenleuchtenden Kanälen fahren,
Also wiegt im blauen Meer der Tage
Unsrer Liebe ungestörte Waage,
Also gleiten leicht und ohne Ende
Uns die Stunden durch die lassen Hände:
Eine, die von Lustgelächter funkelt,
Eine, die in Liebesdämmer dunkelt,
Eine, die von Liedern überflutet,
Eine, die sich lautlos süß verblutet.
Schweigend ruhen wir und staunend sehen
Wir die Schönen auf- und untergehen,
Rudertropfen von den Händen wischend,
Unsre Finger schwesterlich vermischend,
Selten nur nach einem Kuß verlangend,
Diesen schweigsam gebend und empfangend ...
Also gleiten leicht und ohne Ende
Stunden uns und Tage durch die Hände.

Liebe

Wieder will mein froher Mund begegnen
Deinen Lippen, die mich küssend segnen,
Deine lieben Finger will ich halten
Und in meine Finger spielend falten,
Meinen Blick an deinem dürstend füllen,
Tief mein Haupt in deine Haare hüllen,
Will mit immerwachen jungen Gliedern
Deiner Glieder Regung treu erwidern
Und aus immer neuen Liebesfeuern
Deine Schönheit tausendmal erneuern,
Bis wir ganz gestillt und dankbar beide
Selig wohnen über allem Leide,
Bis wir Tag und Nacht und Heut und Gestern
Wunschlos grüßen als geliebte Schwestern,
Bis wir über allem Tun und Handeln
Als Verklärte ganz im Frieden wandeln.

Liebeslied (1)

Ich bin der Hirsch und du das Reh,
Der Vogel du und ich der Baum,
Die Sonne du und ich der Schnee,
Du bist der Tag und ich der Traum.

Nachts aus meinem schlafenden Mund
Fliegt ein Goldvogel zu dir,
Hell ist seine Stimme, sein Flügel bunt,
Der singt dir das Lied voll der Liebe,
Der singt dir das Lied von mir.

Liebeslied (2)

Ich singe von deinem seidenen Schuh
Und von deinem rauschenden Kleid,
Ich träume dich jede Nacht, o du,
Meine Böse, mein Herzeleid!

Ich weiß keinen Namen als deinen,
Ich kann um keinen Schmerz
Und um keine Lust mehr weinen,
Als um dich allein, mein Herz.

Ich will kein Glück mehr kennen
Und keine andere Not,
Als um dich in Sehnsucht brennen -
O du, warum bist du tot?

Liebeslied (3)

O du, ich kann nicht sagen,
Was du aus mir gemacht.
Ich fliehe vor den Tagen
Und liebe nur die Nacht.

Die Nacht ist mir so golden
Wie sonst kein Tag mir war,
Da träum ich von einer holden
Fraue mit blondem Haar.

Da träum ich von seligen Dingen,
Die mir ein Blick verhieß,
Da hör' ich Lieder klingen
Fernher vom Paradies.

Da sehe ich Wolken jagen
Und schaue lang in die Nacht
O du, ich kann nicht sagen,
Was du aus mir gemacht.

Malerfreude

Äcker tragen Korn und kosten Geld,
Wiesen sind von Stacheldraht umlauert,
Notdurft sind und Habsucht aufgestellt,
Alles scheint verdorben und vermauert.

Aber hier in meinem Auge wohnt
Eine andre Ordnung aller Dinge,
Violett zerfließt und Purpur thront,
Deren unschuldvolles Lied ich singe.

Gelb zu Gelb, und Gelb zu Rot gesellt,
Kühle Bläue rötlich angeflogen,
Licht und Farbe schwingt von Welt zu Welt,
Wölbt und tönt sich aus in Liebeswogen.

Geist regiert, der alles Kranke heilt,
Grün klingt auf aus neugeborener Quelle,
Neu und sinnvoll wird die Welt verteilt,
Und im Herzen wird es froh und helle.

Manchmal

Manchmal, wenn ein Vogel ruft
Oder ein Wind geht in den Zweigen
Oder ein Hund bellt im fernnsten Gehöft,
Dann muß ich lange lauschen und schweigen.

Meine Seele flieht zurück,
bis wo vor tausend vergessenen Jahren
Der Vogel und der wehende Wind
mir ähnlich und meine Brüder waren.

Meine Seele wird Baum
Und ein Tier und ein Wolkenweben.
Verwandelt und fremd kehrt sie zurück
Und fragt mich. Wie soll ich Antwort geben?

Meine fröhliche Liebe

Meine fröhliche Liebe hat mich verlassen.
Ich suchte sie wieder in allen Gassen,
Sie aber lag schon weit von mir
In einem hellen Birkenwald
Und freute sich ihrer Wohlgestalt
Und reckte die Glieder lang und zier.

Dort spielt sie nun mit Elf und Nick,
Läßt über ihr schneeweiß Genick
Die langen Ringelhaare fließen,
Pflückt Enzian zum Zeitvertreib
Und läßt sich nachts den blanken Leib
Mit Mondenschein begießen.

Ich aber warte nun in Ruh,
Schließ Tür und Laden sorglich zu
Und leg mich in die kühlen Kissen.
Wenn sie der grünen Tage satt
Den Weg zurück gefunden hat,
Soll sie erst klopfen müssen.

Meinem Bruder

Wenn wir jetzt die Heimat wieder sehen,
Gehen wir bezaubert durch die Stuben,
Bleiben lang im alten Garten stehen,
Wo wir einst gespielt als wilde Buben.

Und von jenen Herrlichkeiten allen,
Die wir draußen in der Welt erbeutet,
Will uns keine freun mehr und gefallen,
Wenn daheim die Kirchenglocke läutet.

Stille gehen wir die alten Wege
Durch das grüne Land der Kindertage,
Und sie werden uns im Herzen rege,
Fremd und groß wie eine schöne Sage.

Ach, und alles, was auf uns mag warten,
Wird den einen Glanz doch nicht mehr haben
Wie vor Zeiten, da wir noch als Knaben
Falter fingen, jeder Tag im Garten.

Meine Liebe

Sie schweigt und denkt mit trauervollen
Gedanken ihrer fernen Toten.
Ich habe sie vielen angeboten,
Es hat sie keiner haben wollen.

Ich trug sie feil auf allen Gassen,
Es wollte sie keiner - sie kann nicht lachen!
Was soll ich mit meiner Liebe machen?
Ich will sie meinen Toten lassen.

Meiner Liebe

I

An meine Schulter lehne
Dein schweres Haupt, und schweige
Und koste jeder Träne
Wehsüße, lasse Neige.

Es werden Tage kommen,
Da du nach diesen Tränen
Verdürstend und beklommen
Dich wirst vergebens sehnen.

II

Leg mir aufs Haar
Die Hand; schwer ist mein Haupt,
Was meine Jugend war,
Hast du geraubt.

Unwiederbringlich ist dahin
Der Jugend Glanz, der Freude Born,
Der mir so unerschöpflich golden schien,
Und überblieben Weh und Zorn
Und Nächte, Nächte ohne End,
In denen wild und fieberheiß
Der alten Liebeslüste Kreis
Mein waches Träumen wund durchrennt.

Nur noch in Stunden seltner Rast
Tritt manchmal meine Jugend her
Zu mir, ein scheuer, blasser Gast,
Und stöhnt, und macht das Herz mir schwer ...

Leg mir aufs Haar
Die Hand; schwer ist mein Haupt.
Was meine Jugend war,
Hast du geraubt.

Nacht (1)

Mit Dämmerung und Amselschlag
Kommt aus den Tälern her die Nacht.
Die Schwalben ruhn, der lange Tag
Hat auch die Schwalben müd gemacht.

Durchs Fenster mit verhaltenem Klang
Geht meiner Geige müder Strich.
Verstehst du, schöne Nacht, den Sang -
Mein altes Lied, mein Lied an dich?

Ein kühles Rauschen kommt vom Wald,
Daß mir das Herz erschauernd lacht,
Und leis mit freundlicher gewalt
Besiegt mich Schlummer, Traum und Nacht.

Nacht (2)

Ich habe meine Kerze ausgelöscht;
Zum offenen Fenster strömt die Nacht herein,
Umarmt mich sanft und läßt mich ihren Freund
Und ihren Bruder sein.

Wir beide sind am selben Heimweh krank;
Wir senden ahnungsvolle Träume aus
Und reden flüsternd von der alten Zeit
In unsres Vaters Haus.


Дата добавления: 2019-02-12; просмотров: 181; Мы поможем в написании вашей работы!

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