Die Mama kann keine Eier braten und der Kurt wird bleich



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Der Kurt wollte Frühstück haben. Die Mama sagte, sie habe jetzt keine Zeit, Frühstück zu kochen. Und es sei ihr so übel im Bauch (дурно в животе), dass sie keine Spiegeleier braten könne. Wenn sie bloß an Spiegeleier denke, werde ihr ganz grün im Bauch.

Ich sagte, ich würde dem Kurt gern Eier braten. Nur leider komme ich dann zu spät in die Schule.

 „Habt ihr heute etwas Wichtiges?", fragte die Mama.

 Ich log, dass wir bloß zwei Stunden Zeichnen und zwei Stunden Turnen hätten. Die Mama meinte: „Dann bleib bitte daheim und kümmere dich um die Kleinen, sie wer­den bald aufwachen!"

Der Kurt ging ins Bad, die Mama ging zur Polizei und ich ging in die Küche, machte Spiegeleier und dachte: Jetzt sind die Ilse und die Amrei schon in London! Jetzt kann die Mama ruhig zur Polizei gehen!

Ich dachte auch daran, dass die Englischkenntnisse von der Ilse vielleicht nicht ausreichen, um mit zwei kleinen Kindern zurechtzukommen, und dass die Ilse nicht der richtige Mensch ist, um zwei kleine Kinder zu hüten. Und ich hoffte, dass die Kinder, auf die sie aufzupassen hatte, nicht solche Biester wie die Tatjana sein würden.

 

Die Mama blieb lange weg. Als sie zurückkam, weinte sie. Sie ließ sich in der Küche auf einen Stuhl fallen, legte die Arme auf den Tisch und den Kopf darauf.

Der Kurt wurde bleich und zuckte (подергивать) mit der rechten Augen­braue. Das tut er immer, wenn er sich aufregt. „Ist ihr etwas zugestoßen?( +Dat. случаться)", rief er. „So sag schon!"

Die Mama heulte bloß weiter. Der Kurt rüttelte (трясти) an ihrer Schulter. Die Mama hob den Kopf, steckte die Nase ins Taschentuch und nuschelte: „Es war so demütigend (унизительно), so primitiv!"

Der Kurt bekam wieder Farbe ins Gesicht. Seine Augen­braue hörte zu zucken auf. Er sagte: „Du machst vielleicht ein Theater!"

„Was die mich gefragt haben!", rief die Mama. „Ob sie oft in der Nacht weg war! Und ob sie vielleicht ein Kind be­kommt!"

„Müssen sie doch", sagte der Kurt.

„Und was dort für Leute herumgesessen sind", jammerte die Mama.

„Richtig gestunken haben die Leute!"

 „Und sonst?", fragte der Kurt.

„Gar nichts war sonst!" Nun schluchzte (всхлипывать, рыдать) die Mama wieder.

 „Sie werden sie schon finden, haben sie gesagt. Aber wenn sie im Ausland ist, kann das schwierig werden. Und lange dauern!"

 

Wortschatzerklärungen

 

° nuscheln = undeutlich sprechen

° „…es sei ihr übel…“ = sie ist krank

° ausreichen = genügen, genug sein

° hüten =   bewachen, sorgen

° zustossen = passieren

° demütigend = achtlos, erniedrigend

 

 

Aufgaben nach dem Lesen

 

1. Wie meint ihr, nimmt Erika die Information von Ilse an ? 

Freut sie sich für ihre Schwester ? Fällt sie sich neidisch oder glaubt eigentlich daran nicht ?

 

2. Die Mutter und Kurt sind nach dem Verschwinden von Ilse aufgeregt. Vergleicht bitte ihre Reaktion. Wer nimmt den Vorfall ernster zu Herzen ? Stützt euch dabei auf eure Arbeitshefte !

 

3. Kennt ihr solche Situationen über „Vermißtenmeldung „ bei der Polizei ? Welche Information ist für die Polizei wichtig ?

 

 

4. Gebt den Inhalt dieses Kapitels aus verschiedenen Perspektiven wieder !

 

5. Macht nach dem Lesen das Arbeitsblatt 6.

6. Bildet bitte Hypothesen nach vorne !

Gibt es etwas, was ihr jetzt nach dem Ende des Kapitels gerne wissen möchtet ? Schreibt bitte eure Fragen ins Arbeitsheft !

 

 

 

Kapitel 10

 

Aufgaben vor dem Lesen

 

1. Lest bitte das 10. Kapitel ohne Wörterbuch und versucht aus dem Handeln und Verhalten von Personen auf ihre Charaktereigenschaften rückzuschliessen.

 

 

2. Macht während des Lesens das Arbeitsblatt 7.

 

Die Amtsrätin zieht ein und auf der Post ist kein Brief

Seither sind eine Woche und ein Tag vergangen. Jeden Tag ist der Kurt auf der Polizei nachfragen gewesen. Aber die Polizei weiß nichts von der Ilse.

Der Papa war auch bei uns. Er hat der Mama einen Krach gemacht. Sie hat auf seine Tochter nicht gut genug aufgepasst, hat er gesagt. Ich habe der Mama gesagt, dass ich den Papa nicht mehr sehen will. Die Mama hat mir erklärt, ich muss ihn trotzdem jeden zweiten Samstag treffen. Weil das der Richter so bestimmt hat. Aber wenn ich zwei Jahre älter sein werde, hat die Mama gesagt, dann kann ich vor Gericht gehen und sagen, dass ich keinen Wert mehr auf die Vater­besuche lege. Dann bin ich groß genug dazu.

 

In der Schule ist noch immer große Aufregung wegen der Ilse. Alle Lehrer und alle Mädchen aus ihrer Klasse fragen mich jeden Tag, ob es schon eine Spur gibt. Nur die Helli fragt mich nie. Das wundert mich. Sie war doch immer die Freundin von der Ilse. In jeder Pause sind sie zusammen auf dem Gang herummarschiert und haben miteinander geredet.

 

Jeden Tag nach der Schule gehe ich aufs Postamt und frage, ob ein Brief für Erika Janda da ist. Die Ilse hat mir verspro­chen, postlagernd zu schreiben, sobald sie in London bei der Familie mit den zwei Kindern ist. Aber bis jetzt ist noch kein Brief gekommen. Das Postfräu­lein schaut mich schon sehr komisch an, wenn ich nach­fragen komme.

Zu Hause ist es trostlos ohne Ilse. Und zu allem Unglück ist auch noch die Amtsrätin zu uns gezogen. Die Amtsrätin ist die Mutter vom Kurt. Sie hat beschlossen, der Mama in der „schweren Zeit" beizustehen. Ob die Mama das will, hat sie nicht gefragt. Die Amtsrätin geht sogar ihrem Sohn auf die Nerven. Sie kommandiert uns alle herum. Jeden Nach­mittag schickt sie mich mindestens viermal einkaufen. Ein­mal um Salz, einmal um Milch, einmal um Fleisch und einmal um Brot.

„Könntest du mir nicht alles auf einmal sagen, dann müsste ich nicht dauernd rennen", sagte ich gestern, sehr höflich, zu ihr. Doch das fand sie frech. Außerdem muss ich unent­wegt (непрерывно) Geschirr waschen und abtrocknen, denn die Amtsrä­tin braucht zum Tischdecken doppelt so viel Geschirr wie ein normaler Mensch. Zu allem braucht sie Untertassen und sieben verschiedene Löffel und Messer. Das Coca-Cola zum Essen will sie mir auch verbieten.

 Eben jetzt hat es wieder Krach mit ihr gegeben. „Erika, an der Wohnungstür sind schwarze Fingerabdrücke", sagte sie zu mir. Ich nickte. An der Tür sind immer schwarze Finger­abdrücke.

„Na, dann geh schon", rief sie.

„Wohin?", fragte ich. Ich wusste wirklich nicht, was sie mein­te. „Unerhört!", schnaufte sie. Sie drückte mir einen Lappen in die Hand und eine Flasche mit Stinkzeug. „Tür putzen", sagte sie.

Ich wollte nicht. Die Mama schaute mich flehend (умоляюще) an, aber ich wollte trotzdem nicht.

„Ich mach es schon", sagte die Mama und nahm mir den Lappen und das Stinkzeug ab.

„Lotte, ich habe es deiner Tochter gesagt und nicht dir", rief die Amtsrätin. Da drückte mir die Mama wieder den Lappen und das Stinkzeug in die Hände. Ich knirschte mit den Zähnen und ging zur Tür. Ich bin nicht faul, aber es hat keinen Sinn, die Tür zu putzen, weil sie eine Stunde später doch wieder verdreckt ist. Ich konnte einfach nicht einsehen, warum die Маma sich nicht traute, (решиться, осмелиться) das der Amtsrätin zu sagen.                                                        

Aus der Küche hörte ich die Stimme der Amtsrätin: „Was mit der Ilse passiert ist, sollte dir eine Lehre sein. Da sieht man, wo man hinkommt, wenn Kinder nicht lernen, sich unterzuordnen!"

Ich putzte die Tür. Gerade als sie blitzblank war, kam die Tatjana. Ihre Finger waren voll Marmelade. Sie grinste mich an und grapschte (хватать, цапать) mit allen fünf Marmeladefingern auf die Tür.

„Verschwinde, du Bestie", sagte ich und zog sie von der Tür weg. Sie begann zu kreischen und biss mich in die Hand. Ich haute ihr eine runter, sie brüllte ganz laut. Die Amtsrдätin galoppierte aus der Küche, hob Tatjana hoch, schaukel­te sie sanft hin und her und murmelte dazu: „Schatzilein, ist ja schon gut!"

Über den Kopf der Tatjana hinweg schaute sie mich an. So, als ob ich das fürchterlichste Wesen auf der ganzen Welt wäre. Mein einziger Trost war, dass die Tatjana mit allen fünf Marmeladefingern in die lila Locken der Amtsrätin hineingriff. Als die Amtsrätin merkte, dass da etwas an ihren Haaren klebte, ließ sie die Tatjana einfach fallen. Die Tatjana rutschte über den Bauch der Amtsrдtin hinunter und hörte vor lauter Verwunderung zu brüllen auf. Dafür begann in diesem Moment der Oliver zu schreien. Er hatte sich mit der Schere in den kleinen Finger geschnitten. „Wer gibt so einem kleinen Kind auch eine Schere?", ent­setzte sich die Amtsrätin und wusste nicht, ob sie den Oli­ver trösten oder die Marmelade aus den Haaren waschen sollte.

Und dann fing die Mama zu schreien an. Sie schrie, dass ihre Nerven total kaputt seien und dass sie all das Geschrei und Gebrüll und Gekeif (das Gekeife — ругань, брань) nicht mehr aushalte.

 Da war die Amtsrätin beleidigt. Sie sagte, wir seien undank­bar. Und sie werde sofort das Haus verlassen.

 Ich wartete den ganzen Nachmittag über, dass uns die Amtsrätin verlässt. Aber die alte, scheinheilige (лицемерный, ханжеский) Ziege blieb so lange, bis der Kurt aus der Redaktion kam. Erst dann begann sie zu packen und ihm dabei ihr Leid zu klagen. Sie stopfte ihre Reisetasche voll und klagte dabei: „Man will mich hier nicht, ich gehe!"

„Die Lotte hat das sicher nicht so gemeint", sagte der Kurt. Es klang ziemlich lahm, doch der Amtsrätin genügte es. Sie packte ihren Kram wieder aus und verzieh der Mama. Zum Kurt sagte sie, dass sie im Interesse ihrer Enkel bei uns bleibt. Damit aus denen etwas wird. (Mich hat sie damit sicher nicht gemeint.)

 

Wenn wenigstens ein Brief für mich auf der Post wäre! Die Ilse muss doch wissen, dass ich auf einen Brief von ihr war­te! Das Postfräulein hat gesagt, ein Brief aus London dauert zwei Tage, höchstens drei. Und Briefe gehen nur ganz selten verloren! Wenn ich nur die Adresse von der alten Tante von der Amrei wüsste! Die hat der Ilse den Kinder­mädchenjob verschafft. Dann könnte ich der alten Tante schreiben und die könnte meinen Brief der Ilse schicken. Hoffentlich ist morgen ein Brief für mich auf der Post!

 

Wortschatzerklärungen

 

° Amtsrätin ( rat) = Beamter des gehobenen Dienstes

° (k)einen Wert auf etw. legen = etw. für unwichtig, unnötig halten

° postlagernd schreiben = Korrespondenz auf die Adresse der Post schicken

° j-m beistehen = helfen

° flehend = bittend

° einsehen = verstehen, sich selber klar machen

° trösten = mit j-m mitfühlen

° lahm = nicht überzeugend, schwach

° den Job verschaffen = die Arbeitstelle besorgen, versorgen

 

Aufgaben nach dem Lesen

 

1. Nachdem das Arbeitsblatt fertig geworden ist, könnt ihr jetzt vielleicht sagen, warum die Mutter von Kurt solchen Spitznamen hat. Wird die Dame dem Namen gerecht ?

 

2.  Charakterisiert bitte die Amtsrätin, schildert den Eindruck von ihr. Stützt euch dabei auf eure Arbeitsblätter.

 

 

3.  Ein Sprichwort sagt : „ Alter schützt vor Torheit nicht.“

 Wie bezieht sich das Sprichwort auf die neue Person im Roman ?

 

4. Erzählt das Kapitel in Rollen ( die Mutter , Erika, Tatjana, die Amtsrätin, die Postbeamtin ) nach !

 

5. Der Brief von Ilse kommt noch nicht .

        Habt ihr eine Idee, warum ?

 

6. Bildet bitte Hypothesen nach vorne !

Gibt es etwas, was ihr jetzt nach dem Ende des Kapitels gerne wissen möchtet ? Schreibt bitte eure Fragen ins Arbeitsheft !

 

Kapitel  11

 

 

Aufgaben vor dem Lesen

 

 

1. Lest bitte das 11. Kapitel ohne Wörterbuch und entscheidet euch über das Hauptthema des Kapitels. Schreibt euren Gedanken ins Arbeitsheft.

 

2.  Schreibt auch dabei 20 Wörter aus dem Text aus, die eurem Thema angemessen sind.

 

 

Die Amrei geht in die Tanzschule und mir wird übel

Mir ist übel (мне дурно, меня тошнит). Im Kopf, im Bauch, überall. Mir ist so übel, dass man es mir ansieht. Ganz grün bin ich im Gesicht, hat die Mama gesagt. Sie meint, ich kriege Scharlach (скарлатина). Weil bei uns im Haus ein Kind Scharlach hat.

Aber ich habe überhaupt keine Krankheit. Mir ist mitten auf der Straße so übel geworden. Ich gehe von der Schule heim, da sehe ich plätzlich ein sehr großes, dünnes Mädchen vor mir. Das Mädchen hat rotblonde Locken und eine blitzblaue Lederjacke. So eine Jacke und solche Haare sind selten. Mein Herz beginnt zu klopfen. Ich mache drei schnelle Schritte und hole das Mädchen ein. Mein Herz klopft wie ein Presslufthammer, denn das Mädchen ist tatsächlich die Amrei!

„Was ist denn passiert?", frage ich. „Bist du allein zurückge­kommen? Oder ist die Ilse auch wieder da?"

 Die Amrei schaut mich ganz erstaunt an. „Was ist los?", fragt sie. Sie beugt sich zu mir. Unter dem Arm hat sie eine Schultasche. Ein Lineal und die Ecke von einem Geo-Dreieck schauen aus der Tasche.

„Wieso bist du denn hier?", frage ich und spüre, dass mir ein großer Knödel im Hals steckt.

„Na, weil ich zur Nachhilfestunde gehe", sagt die Amrei. Und dann sagt sie noch, ich soll meiner Schwester liebe Grüße ausrichten. Und sie wird bald einmal anrufen. Aber sie hat jetzt so wenig Zeit. Sie geht in die Tanzschule. Und in Mathe muss sie Nachhilfe nehmen. Und außerdem hat sie einen Freund. Und der beansprucht ihre ganze karge Freizeit.

Da wird mir übel.

Die Amrei sagt „Tschüs" und rennt zur Haltestelle, weil bei der Kreuzung die Straßenbahn um die Kurve bimmelt. Ich schaue der Amrei nach und mir wird noch viel übler.

 

Ich wollte nicht nach Hause gehen. Ich ging in den Super­markt, nahm mir einen Wagen und fuhr an den Regalen entlang. Ich dachte: Sie hat mich belogen. Die Amrei ist gar nicht von daheim weggelaufen. Sie hat mich angelogen. Die Amrei weiß nicht einmal, dass sie weg ist.

 

Dann schaute mich eine Verkäuferin so komisch an, weil ich mit dem leeren Wagen schon zum hundertsten Mal an ihr vorbeikam. Ich stellte den Wagen ab und ging heim.

 Die Mama hat gerade zu mir ins Zimmer geschaut. Ob ich etwas brauche, hat sie gefragt. Aber ich brauche nichts. Ich liege da und denke nach und komme nicht dahinter, wa­rum mich die Ilse belogen hat. Und ich verstehe auch nicht, warum ich so blöd war, alles zu glauben. Die Ilse ist ohne Amrei weg. Also ist sie wahrscheinlich auch gar nicht in London. Und auch nicht Kindermädchen. Ich weiß genau­so wenig wie die Mama und die anderen, wo die Ilse ist!

 

Man kann nicht tagelang im Bett liegen und krank sein, wenn man keinen Scharlach und auch sonst nichts hat, nicht einmal erhöhte Temperatur.

Der Kurt hat zu mir gesagt, wenn ich mich elend ( =schlecht) fühle, soll ich ruhig im Bett bleiben. Ganz egal, was die „Weiber" meinen. Er hat wirklich „Weiber" gesagt. Der Kurt kümmert sich in letzter Zeit sehr viel um mich. Ich glaube, er bemüht sich, die „Vaterstelle" an mir zu vertreten.  

 

 

Wortschatzerklärungen

 

 

° einholen = erreichen, fangen

° beanspruchen = verlangen, nehmen

° karg = knapp

°   die Weib (er) = die Frau (en )

 

 

Aufgaben nach dem Lesen

 

1. Also, Ilse ist seid ihrem Verschwinden in den Hintergrund getreten und Erika steht hier im Mittelpunkt.

a) Warum fühlt sich Erika so elend ?

b) Ist sie nicht enttäuscht ?

c) Was wird Erika jetzt tun ?

 

2. Es tauchen aber neue Rätsel auf :

a) Was ist mit Ilse ?

b) Wo ist sie ?

c)  Warum hat sie Erika belogen ?

 

3. Könnt ihr euch in der Lage von Erika vorstellen ? Was werdet ihr an ihrer Stelle tun ?

 

4.  Wie meint ihr, hat Lüge mit Liebe was zu tun ?

 

 

5.  Inszeniert bitte Gespräche zwischen Erika und Amrei und zwischen Erika und Kurt.

Entdeckt euer emotionales Potenzial !

 

6. Bildet bitte Hypothesen nach vorne !

Gibt es etwas, was ihr jetzt nach dem Ende des Kapitels gerne wissen möchtet ? Schreibt bitte eure Fragen ins Arbeitsheft !

 

                           

 

Kapitel 12  

 

Aufgaben vor dem Lesen

 

1. Seht euch bitte die Illustration zum Kapitel an und semantisiert die Bildinhalte. Schreibt in euer Arbeitsheft Antworten auf folgende Fragen auf :

a) Wo befindet sich Erika ?

b) Was macht der Mann im Hintergrund ?

c) Was bedeuten die Einzelbilder auf der Gardine und um Fensterrahmen herum ?

d) Was haben sie mit der Geschichte zu tun ?

 

2. Lest das 12. Kapitel ohne Wörterbuch.

 

Einer stottert, einer sieht schlecht und einer lügt

 

 

Ich habe mich angezogen und gesagt, dass ich zur Chor­probe gehen muss. Fürs Weihnachtssingen.

 Jetzt schon?", hat die Mama gefragt.

„Ja", habe ich gesagt, „weil alle so falsch singen. Da müssen wir lang üben!"

Das stimmt sogar. Der Chor übt wirklich schon für das Weihnachtssingen. Bloß singe ich nicht im Chor mit. Ich wollte einfach mit jemandem reden, dem ich die Wahrheit sagen konnte. Außerdem war ich ohnehin schon viel zu lange nicht mehr bei der Oma gewesen.

 

Die Oma war nicht daheim. Ich hörte den Opa hinter der Tür herumgehen und murmeln. Er redet oft mit sich selber. Ich klopfte laut an die Tür. Der Opa ist schwerhörig. Der Opa hat nicht einmal das laute Klopfen gehört. Ich setzte mich auf das Fensterbrett vom Gangfenster und schaute in den Hof hinaus. Dort haben die Ilse und ich früher immer gespielt. Die Ilse hat meistens Prinzessin gespielt. Mit einem alten Vorhang als Schleppe. Die Schlep­pe habe ich getragen. Leider war kein Prinz für die Ilse da. Mir wurde kalt. Es zog durch das Gangfenster. Eine Scheibe war kaputt. Ich beschloss, die Oma zu suchen. Die geht nie weit weg. Ich ging zur Milchfrau. Dort war sie nicht. Aber die Milchfrau freute sich, mich zu sehen. „Schau zum Fleischer", riet sie mir. Ich ging die Straße zum Fleischer hinunter. An der Ecke kam mir die Oma entgegen.

 „Hat dir der Opa nicht aufgemacht?", fragte sie mich. Und dann erzählte sie mir, dass der Opa jetzt noch schlechter hört. Aber seit drei Tagen, sagte sie zufrieden, hat er licht mehr komisch geredet, sondern sehr vernünftig.

 „Weißt du, dass die Ilse weg ist?", fragte ich die Oma.

 Sie nickte.

„Wer hat es dir denn gesagt?", fragte ich.

 „Der neue Mann von eurer Mutter war bei mir", sagte die Oma. „Dieser Kurt. Eigentlich ein netter Mensch. Und er hat mir versprochen, dass er gleich zu mir kommt und es mir sagt, wenn sie wieder da ist!"

Ich war froh, bei der Oma zu sein. Bei der Oma war alles einfacher. Jetzt war ich auch fast sicher, dass die Ilse bald wiederkommen würde.

„Wie es ihr nur gehen mag?", murmelte die Oma. „Hoffent­lich geht es ihr gut!" Sie schloss die Wohnungstür auf.

 Die Oma war die Einzige, die gefragt hatte, wie es der Ilse wohl ging. Die Einzige, die sich gewünscht hatte, dass es der Ilse gut ging.

Der Opa saß in der Küche und reparierte den Stecker der Nachttischlampe. Er erkannte mich und die Oma freute sich darüber. Er wusste auch, dass die Ilse weg war. Aber es interessierte ihn nicht sehr. Er redete dauernd von den Klemmen im Stecker, die verbrannt waren. Die Oma ging mit mir ins Zimmer. Ich erzählte ihr alles, was ich wusste. Und als ich dann sagte: „Ich verstehe nicht, warum sie mich angelogen hat", sagte die Oma: „Aber Erika, sie lügt doch immer!"

Ich war ganz verwirrt. Nicht nur deswegen, weil die Ilse angeblich immer log und ich es nicht wusste, sondern weil die Oma das so freundlich sagte. So, als ob Lügen etwas ganz Selbstverständliches wäre.

„Schau nicht so!", sagte die Oma. „Das ist nicht so furcht­bar. Einer stottert, einer sieht schlecht und der Dritte lügt eben!" Die Oma lächelte. „Mein Gott, was hat die Ilse nicht alles zusammengelogen!"

 „Was denn?", fragte ich.

 Die Oma dachte nach. Dann sagte sie: „In der Volksschule hat sie der Lehrerin erzählt, dass sie in einem Haus mit zehn Zimmern wohnt und dass ihr Vater einen Eissalon hat. Und mir hat sie erzählt, dass sie statt der alten, grantigen Lehre­rin eine junge, ganz liebe bekommen hat. Und der Nach­barin hat sie erzählt, dass ihre Mama einen Zirkusdirektor heiraten wird." Die Oma kicherte.

„Und von einem Schulfreund hat sie mir erzählt. Von einem großen Blonden. Der hat ein elektrisches Kinderauto ge­habt. Und war der Beste in der Klasse. Rainer hat der geheißen." Die Oma hörte zu kichern auf und schaute ein bisschen traurig. „Aber den Rainer hat es gar nicht gegeben. In der Klasse war überhaupt kein großer Blonder. Und der Klassenbeste war ein kleiner Dicker, der die Ilse immer geärgert hat!"

Ich fragte die Oma: „Hast du ihr nie gesagt, dass sie lügt?" Die Oma schüttelte den Kopf. „Aber geh", sagte sie, „das mag doch niemand, wenn man ihm das sagt! Und warum sie gelogen hat, habe ich doch gewusst!" Die Oma fasste sich mit dem Daumen und dem Zeigefinger an die dicke Nase und rieb sich den Nasenrücken. Das macht sie immer, wenn sie nachdenkt. „Sie hat eben erzählt, wie sie es gern hätte!"

Ich fragte: „Und wieso hat die Mama nicht gemerkt, dass die Ilse lügt?" Meine Mama mag nämlich Lügen nicht. Mei­ne Mama hätte die Lügen der Ilse nie so hingenommen wie die Oma.

Die Oma zögerte. „Also deine Mama", murmelte sie, „deine Mama!" Sie seufzte, rieb wieder an der Nase herum und sagte: „Jedenfalls muss man sich um einen Menschen küm­mern, damit man merkt, dass er lügt." Die Oma meinte also, dass sich die Mama nie um die Ilse gekümmert hat. Ich hatte das Gefühl, die Mama verteidigen zu müssen, doch mir fiel nichts dazu ein. Absolut nichts! „Wenn die Ilse weiter bei mir gewohnt hätte", sagte die Oma, „wäre sie nicht weggelaufen. Und wenn sie weggelau­fen wäre, dann hätte ich gewusst, wo ich sie suchen muss!"

 

Wortschatzerklärungen

 

° stottern = undeutlich, meist mit Sprachfehlern sprechen

° verwirrt sein = aus dem Gleichgewicht kommen, betroffen sein

° hinnehmen = ertragen ,aushalten

° zögern = unentschlossen, nicht sofort etw. machen oder sagen

° einfallen = eine Idee im Kopf haben

° verteidigen = für j-n eintreten, j-n entschuldigen

 

Aufgaben nach dem Lesen

1. Warum wiederholt sich der Titel auch im Text ? Was bedeutet er ?

 

2. Die Oma spielt jetzt eine Schlüsselrolle.

     Was ist an ihr auffällig ?

 

3. Im Kapitel sind mindestens 5 Schlüsselstellen, die einen besonderen Effekt haben und Zugang zu zentralen Zusammenhängen im Roman eröffnen.

Versucht bitte diese zu entdecken !

 

4. Vergleicht eure Vermutungen anhand des Bildes mit dem Text. Hattet ihr recht ? Wart ihr überrascht ?

Stützt euch dabei auf eure Arbeitshefte .

 

5.   Gebt den Inhalt des Kapitels aus verschiedenen Perspektiven

  ( Erika, die Oma, der Opa) wieder !

 

6. Bildet bitte Hypothesen nach vorne !

Gibt es etwas, was ihr jetzt nach dem Ende des Kapitels gerne wissen möchtet ? Schreibt bitte eure Fragen ins Arbeitsheft !

 

Kapitel 13

 

 

Aufgaben vor dem Lesen

 

1. Lest bitte zuerst den ersten Absatz und schreibt in eureArbeitshefte die Antwort auf folgende Frage : Was glaubt ihr, wie die Geschichte jetzt weitergeht ?

 

2.  Lest das ganze 13. Kapitel und konzentriert euch auf die neuen Personen im Text.

 

 


Дата добавления: 2018-02-15; просмотров: 1011; Мы поможем в написании вашей работы!

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